Am 30. Juni 2018 wurde ein Haus am Muffeter Weg 5 in Aachen besetzt. Seitdem haben wir, die Besetzer*Innen, Nachbar*Innen und Unterstützer*Innen, bewiesen, dass wir das Haus und den dazugehörigen Garten besser nutzen können als der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, der das Haus seit Jahren einfach leer stehen lässt. Wie der BLB den Aachener Nachrichten gegenüber geäußert hat, hat er keine weiteren Pläne für das Gelände. Wir schon.
In der letzten Woche hat sich in und um das Haus viel entwickelt. Es wurde gebaut, gebastelt, gegärtnert, eingeräumt, dekoriert, geputzt. Im Haus gibt es jetzt eine gemeinsame Küche, Schlafräume, eine Sonnenterrasse und ein großes Wohnzimmer. Der Garten ist wieder begehbar, es gibt Hängematten, Beete und ein selbstgebautes Kompostklo. Auch die Gewächshäuser sind teilweise schon wieder nutzbar. Vor dem Haus steht ein Foodsharing-Verteiler, in dem containertes oder anderes Essen geteilt werden kann.
All das wurde selbstorganisiert auf die Beine gestellt, es gab weder einen Masterplan noch irgendwelche “Chefs”. Es war total beeindruckend zu sehen, wie viele Leute hier einfach hinkamen, sich eingebracht haben mit ihren Ideen, ihrer Initiative, ihrem Wissen. Spontan haben sich an allen Ecken Grüppchen gefunden, die ihre Projekte umgesetzt haben und alle haben auf ihre Art dazu beigetragen, den Raum zu gestalten. Und zwar ohne Hierarchien und Anleitung von oben.
An dieser Stelle geht ein fettes Dankeschön an alle, die mitgemacht haben, an alle, die Materialien vorbeigebracht haben, Möbel gespendet, gekocht, aufgeräumt oder die Besetzung sonstwie unterstützt haben.
Schön war auch, wie schnell und vielfältig das Programm für die Woche gefüllt wurde. Es gab beispielsweise Workshops zu Technologiekritik, Gebärdensprache, Gärtnerei, Graffiti, Gender, Arbeitnehmer*Innenrechten, … Außerdem haben wir Filmabende veranstaltet, gemeinsam musiziert, diskutiert, gekocht, Kaffee getrunken und neue Leute kennengelernt. All das kostenlos und offen für Alle.
Was wir diese Woche gesehen haben, das Engagement der Menschen im Haus, die vielen positiven Reaktionen und praktischen Hilfsangebote von Nachbar*Innen und anderen Menschen, lässt keine Zweifel daran, dass dieses Projekt weitergehen muss. Wie genau, das ist die Sache aller, die hier weiter mitgestalten wollen, aber es gibt schon viele Ideen. Im Gemeinschaftsgarten sind noch einige Beete unbepflanzt, das Gewächshaus muss renoviert und eine Gemeinschaftswerkstatt eingerichtet werden. Es könnte ausserdem Raum geben für eine offen zugängliche Bibliothek, ein Nachbarschaftscafé und vieles mehr.
In einer Gesellschaft, in der alle immer mehr alleine mit ihren Problemen dastehen, in der Menschen zunehmend anonym aneinander vorbei leben, brauchen wir Orte wie diesen. Räume, an denen wir der Vereinzelung etwas entgegen setzen können. Und wir brauchen mehr davon. Deswegen rufen wir dazu auf, in Aachen oder sonstwo, die Aktionsform zu kopieren und sich die Räume, die gebraucht werden, einfach zu nehmen und zu gestalten.
Was die Muffi angeht, so werden wohl die nächsten Tage spannend werden. Wenn der BLB sich entscheidet, uns rausschmeißen zu lassen, rufen wir zu Aktionen der Solidarität auf. Und nur zur Erinnerung: Die Muffi ist nicht das einzige Haus, das leer steht. Was immer kommt; es fühlt sich wie ein Anfang an, nicht wie das Ende.